Photo Feature

Mal was anderes

Ich komme langsam in ein Alter, wo sich immer öfters mal eine merkwürdige Einladung zwischen die übliche Post schummelt. Während mich das einerseits langsam aber stetig in eine verfrühte Midlifecrisis treibt, gibt es mir andererseits zumindest die Möglichkeit mal ein völlig anderes fotografisches Feld zu betreten: die Hochzeitsfotografie. Jetzt werden sämtliche Extremsport- und Kriegsfotografen gleich verächtlich die Nase rümpfen und bis vor kurzem wäre ich bei ihnen in der ersten Reihe gestanden, denn Schreckliches hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten in unser kollektives Gedächtnis gebrannt. Zentimeterdicker Weichzeichner umspült Manfred und Waltraud in inniger Pose am schönsten Tag ihres noch so jungen Lebens. Der Vokuhila ist schick gebürstet, die Dauerwelle frisch geföhnt. Sein Oberlippenbart kitzelt zart ihre Wange und das einzige, was weißer strahlt als ihr voluminöses schultergepolstertes Brautkleid, sind seine Tennissocken, die zwischen schwarzem Lackslipper und Opas Konfirmationshose neckisch hervorblitzen. Ja, so haben wir Hochzeitsfotos kennen und fürchten gelernt, ein Trauma, das sich schwer abschütteln lässt.

Jetzt will es der Zufall aber so, dass unter den Blogs, die ich regelmäßig lese, ein, zwei Leute genau dieser Profession nachgehen und in regelmäßigen Abständen Fotos abliefern, die so gar nicht dem obigen Klischee entsprechen wollen, sondern tatsächlich den Kitsch aus einer per se eigentlich relativ kitschigen Angelegenheit fast gänzlich herausfiltern. Unterm Strich bleiben Fotos, die einfach sehr schön, sehr aussagekräftig und sehr ästhetisch sind und zwangsläufig denkt man sich, dass man das auch gern mal probieren würde. Das Fotografieren, nicht das Heiraten…

Das überlies ich zwei guten Freunden, die sich entschlossen in der schönen Wachau den großen Schritt zu wagen. Ich hatte quasi den Rang des inoffziellen Fotografen inne, da eine Cousine der Braut dieser Beschäftigung beruflich nachgeht, was mich nicht wirklich störte, da damit der ganze Druck wegfiel und ich einfach mal zwanglos probieren konnte. Ein bisschen vorbereiten wollte ich mich aber dann doch und so klickte ich mich mal durch einige Hochzeiten, um zu sehen, welche Motive quasi Allgemeingültigkeit haben. Mit diesem roten Faden im Kopf fuhr ich dann eigentlich ganz gut.

Besonders viel Spass machte mir die Trauung selbst, obwohl es im Standesamt gut und gerne um die 30 Grad hatte und mir Sturzbäche über den Rücken rannen. Aber wie für den Fotografen gemacht, fiel schönes weiches Licht durch die Gardinen der großen Fenster und machte das Knipsen zur puren Freude. Meine D700 konnte hier auch ordentlich die Muskeln spielen lassen und lieferte mir zusammen mit meinem SB-700 bei 6400 ISO wirklich schöne Bilder. Viel Umgebungslicht und viel Stimmung. Ich liebe diese Kamera wirklich jeden Tag mehr. Objektivtechnisch hatte ich nur mein Tamron 28-75 und mein Sigma 70-200 dabei. Das reichte mir vollauf.

Bei der Abendveranstaltung tauschte ich meine Ambitionen schöne Bilder zu machen dann gegen die, mir einen schönen Rausch anzutrinken. Ein weiterer Vorteil, wenn man nicht der offizielle Hochzeitsfotograf ist.

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